Nietzsche und das alte Weiblein (Carsten Schmieder)
Datum: 26.06.2017 (20:00:00–22:30:00)
Ort: Alte Jakobstr. 12 / Ecke Ritterstr. (Tiyatrom Theater), 10969 Berlin
Philosophie & Peitsche
Den meisten seiner Leser ist bekannt, daß Nietzsche Klassischer Philologe war. Weniger bekannt jedoch sind die Methoden, die ein solcher während seiner Ausbildung einübt sowie bei späterer Arbeit praktiziert und von denen seine Lektüren geleitet werden. Noch seltener ahnt man allerdings, daß bei solchem Philologen, wenn er statt zu lesen schreibt, jene Lesebefehle gleichfalls als Steuerbefehle für die schriftliche Produktion quasi-imperativisch herhalten. Oder anders formuliert: Ein Klassischer Philologe möchte so gelesen werden, wie ihm der herrschende Wissenschaftsbetrieb vorschreibt, seine [antiken] Texte zu lesen, was in praxi heißt: langsam und sehr präzise.
Daher verwundert nicht, daß Nietzsches Schreibweise und Stil einen hermeneutischen Leser einfordert. Doch dieser gerät hinsichtlich solch hermeneutischer Praxis, die es ins Werk zu setzen gilt, in Verlegenheit, stolpert gar in die Aporie. Mitunter jedoch glückt das hermeneutische Unternehmen, das als gelungenes Nietzsche zu einer Nähe werden läßt, wie fern er bzw. sein Werk uns auch sein mögen. Der Vortrag weiß von einem solchen Glücksfall, wie ihn die Lektüre des Stücks „Von alten und jungen Weiblein“ (KSA, Bd. 4, S. 84-86) zeitigte. In Nietzsches Worten: „Man muß den Maler errathen, um das Bild zu verstehen.“
Zur Vorbereitung stellt Carsten Schmieder seinen Aufsatz Contra culturam: Nietzsche und der Übermensch (in: "Nietzsche: Philosoph der Kultur(en)", Hg.: Andreas Urs Sommer, Walter de Gruyter, Berlin 2008) zum Herunterladen zur Verfügung.
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(c) des Fotos: privat
Carsten Schmieder ist Latinist u. Kulturwissenschaftler, Studium in Berlin, Paris u. Mailand, Promotion bei Friedrich Kittler. Derzeit Tätigkeit als Übersetzer und Lektor. Letzte Publikation: PASOLINI und die Aktualität des Politischen (Hg.), Berlin 2015