Französische Philosophie in (post)kolonialer Kritik (Michaela Ott, Hochschule für Bildende Künste, Hamburg)

Datum: 13.07.2020 (20:00:00–22:30:00)

Ort: Alte Jakobstr. 12 / Ecke Ritterstr. (Tiyatrom Theater), 10969 Berlin

Es drängt herein, das A/andere, Verschiedene, Fremde
Es drängt herein, das A/andere, Verschiedene, Fremde

Die französische Philosophie des 20. Jahrhunderts hat wie keine andere zur Beachtung des „A/anderen“ aufgerufen und  sich selbst an die Grenze des Denkbaren und eurozentrischer Artikulation zu treiben gesucht. Unter der Formel eines „Denkens des Außen“ wurden die Autorposition, die Konzentration der Philosophie auf die Frage der menschlichen Existenz, wurden herkömmliche Ontologien und Unterteilungen wissenschaftlicher Disziplinen in Frage gestellt. Diese wurden ersetzt durch Versuche des Sprechenlassens der diskursiven Strukturen selbst, durch entgrenzende und entanthropomorphisierende Lektüren von Literatur und Kunst, durch Begriffserfindungen, diszipintransversale Theorieentwürfe usf.

Aber so radikal diese Ansätze bis heute erscheinen, so haben sie gerade aufgrund ihres Paradigmenwechsels Entscheidendes nicht wahrgenommen: die mit der Entkolonisierung sich mehrenden anderskulturellen Personen und ihr Wirken auf dem französischen Territorium, mithin die zunehmende politische Heterogenisierung Frankreichs selbst.

Von daher fragt Michaela Ott nach der methodischen Farbenblindheit dieses philosophischen Denkens, nach Stimmen, die zu hören gewesen wären und heute aus dem „Außen“ wahrnehmbar sind. Sie unternimmt einen historischen Durchgang durch die französische Theoriebildung von 1936 bis heute, durch ihre methodischen Umbrüche und die schwer nachvollziehbare Ausblendung von Alteritäten trotz ihrer Zentralstellung im Diskurs. Sie fragt damit nach Arten des notorischen „ Übersehens“  in der Philosophie und nach notwendigen Wiedereinführungen leichtfertig verabschiedeter Termini.

Zur Vortragenden:

Michaela Ott, Berlin 2020

Michaela Ott ist Professorin für Ästhetische Theorien an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg;
Forschungsschwerpunkte: poststrukturalistische Philosophie, Ästhetik des Films, Theorien des Raums, Theorien der Affizierung und Dividuation, Fragen des Kunst-Wissens, Biennaleforschung, postkoloniale Fragestellungen, afrikanischer und arabischer Film.

Wichtigste Publikationen:
Deleuze – Zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag, 2005; Affizierung. Zu einer ästhetisch-epistemischen Figur, München: edition text und kritik, 2010; Timing of Affect. Epistemologies of Affection, hg. mit Marie-Luise Angerer und Bernd Bösel, Zürich: diaphanes Verlag, 2014; Dividuationen. Theorien der Teilhabe, Berlin: b_books, 2015; dividuations, theories of participation, London/New York: Plagrave Macmillan, 2018; Welches Außen des Denkens? Französische Theorien in postkolonialer Kritik, Wien/Berlin: Turia + Kant, 2019.

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