Spiel/Zeug. Eine Archäologie des homo ludens
Datum: 23.11.2008 (20:00:00–23:00:00)
Ort: (Diese Veranstaltung fand in den privaten Räumen eines MoMo-Mitglieds statt.)
Ein Vortrag von Knut Ebeling.
Das Spielzeug ist nicht das Ding der Philosophen, es ist ein objet maudit der Philosophie. Der abgründig unzweckmäßige Gebrauch, den das Kind regelmäßig von ganz normalen Alltagsdingen macht, treibt dem Zweckrationalisten den Schweiß auf die Stirn. Zwischen zweckentfremdetem Alltagsding und interesselosem Kunstwerk, liegt das Spielzeug näher an magischen und fetischistischen Praktiken als an der entzauberten Funktion des Dings.
Aus diesem Grund bringen die alberne Unfeststellbarkeit und übersehbare Banalität der Spielsache jede Metaphysik des Dings (und vielleicht auch den philosophischen Ernst als solchen) zum Entgleisen. Als Un-Ding avant la lettre unterläuft das Spiel-Zeug auch Heideggers Ontologie von Kunstwerk und Zeug, dessen dienendes Wesen es spielerisch dementiert. Denn während Bibliotheken über das Spiel als Vorschule der Ästhetik verfasst wurden, hat sich außer Benjamin für den niedlichen Ab-Fall der Spielsache kaum jemand interessiert. Doch die Kulturtechniken des Spielzeugs wissen etwas, was der blinden Subjektivität des homo ludens (Johan Huizinga) entgeht. Um es zu erfahren, empfiehlt sich weniger eine anthropologische als eine archäologische Perspektive: Das Spielzeug ist ein »epistemisches Ding« (H.J. Rheinberger), aus dem in einer Archäologie des Spiels die Einschreibungen zu dechiffrieren sind, die aus der Erwachsenenwelt als Fremdkörper in das Reich der Kinderwelt eindringen.